Ein Leitfaden über Nymphen
von Vondham Barres
Ich wuchs zu einem Studenten heran, ein dem Wissen zugetaner Asket, mit Augen, welche Schönheit in einer faszinierenden Passage in einem staubigen Wälzer sahen, Liebe in der Kerze, die mir erlaubte, in sternenlosen Nächten zu studieren, Leidenschaft in einem gut vorgetragenen Argument in einer lange erloschenen Streitfrage. Ich war ein Student, der niemals graduierte und der niemals der Universität verwiesen wurde.
Doch ich rechtfertige mich nicht, ich sollte mich weiter beschreiben. Ich bin nicht das, was Ihr prüde nennt. Tatsächlich kann ich über Dinge auf eine losgelöste Weise sprechen, welche die verdorbenste Dirne in der Gosse vor ungeahnter Sittsamkeit erröten ließe. Ich schrieb eine Abhandlung über das Haus der Dibella, wie es ein Student tun sollte, analysierte den Kult der Schönheit und körperlichen Beziehungen, wie jemand die Dreifelderwirtschaft oder das Verdauungssystem eines Orks. Ich tolerierte meine Bekannten, die dazu neigten, zu zwinkern und zu kichern, jedoch mit Mühe.
Nachdem all dies gesagt ist, wird der Leser verstehen, dass meine Entscheidung, die Sprache der Nymphen zu erlernen, um deren Wesen und Kultur zu erforschen, nicht auf Lüsternheit und Lust beruhte. Gelehrte haben in historischem Ausmaß die Nymphen als Studienobjekt gemieden, und diese Ablehnung schreibe ich Vorurteilen zu. Die Gelehrten, mit denen ich über dieses Thema gesprochen habe, formten eloquent und intelligent Sätze, die reduziert in etwa so übersetzt werden können: "Nymphen sehen aus wie schöne, nackte Frauen, die herumhopsen mit tra-la-la und die gerne zügellosen Sex haben. Was könnten sie schon Interessantes sagen?"
Also war ich mit dem entmutigendsten aller Projekte konfrontiert - eine unstudierte Spezies zu erforschen ist eine möglicherweise gewinnbringende Herausforderung. Falls das Subjekt nicht erforscht wurde, weil die wissenschaftliche Gemeinde es für belanglos befanden, eine möglicherweise gewinnbringende aber entschieden frustrierende Herausforderung. Sollte ich Monate mit dem ernsthaften Studium ihrer Sprache und Kultur verbringen und zusätzliche Zeit in ihrer Gesellschaft, ohne mehr herauszufinden, als dass die gängigen Vorurteile korrekt sind, würde die Bezeichnung "Witzfigur" nicht ausreichen für mich.
Also begann ich meine Studien, aufgeregt und nervös aus Gründen, die nichts mit dem notorischen promiskuitivem Verhalten meiner Subjekte zu tun hatte. Ich meisterte ihre Sprache, eine melodische Zunge, die klingt wie wilde Elfen und Feen, mit deren Vokabular sie aber nichts gemein hat. Ich ergründete ihre Geschichte und fand, dass sie im Großen und Ganzen etwas mehr war als Pornographie und geschmacklose Vermutungen. Als nächstes musste ich eine Nymphe finden.
Von meiner zentralen Lage in der Kaiserstadt war es ein Leichtes, Nachrichten an einige wohlbekannte Tempel und Gilden zu schicken, die sich den Studien in den Provinzen verschrieben hatten. Nicht alle Antwortschreiben waren ernsthafter Natur, doch eine, von der Schule des Julianos in Sentinel half mir wesentlich. Meister Oitos und seinen Schülern spreche ich hier meine tiefste Dankbarkeit aus.
Nymphen sind extrem schüchterne Kreaturen, egal, was Euch die obszönen Geschichten erzählen wollen. Niemand, mit dem ich gesprochen habe, wurde jemals von ihnen heimgesucht. Daher erfordert es Energie und Geduld, wenn man mit einer Nymphe sprechen will.
Aus Respekt vor ihrer Privatsphäre werde ich hier nicht die Stelle nennen, an der sich die kleine Grotte, die der Küste Hammerfell's vorgelagert ist, befindet, wo ich die Nymphe fand. Es brauchte drei Monate geduldigen Wartens und des Zurücklassens von Geschenken an Orten, welche die Nymphe aufsuchen würde, bevor diese direkt vor mir stand.
Ich erinnere mich, dass ich ein Bouquet von lilanen und weißen Tetias trug, und sie blickte auf sie und dann auf mich, und lächelte. Die Auswirkung ihres Lächelns war wahrhaftig magisch, davon bin ich überzeugt. Ihr Körper war, natürlich, vollendet; ihr Gesicht lieblich und heiter; ihr Haar eine seidene Flamme. Aber bis sie lächelte, war sie auf abstrakte Weise schön, die perfekte Statue eines Meisters. Das Lächeln machte sie erreichbar und, folglich, erschreckend.
"Für Euch.", sagte ich, ein Versuch meiner ersten Äußerung gegenüber einer wahrhaftigen Nymphe.
Ihr Lächeln erstrahlte zu einem Grinsen, das zu einem Kichern wurde und dann zu einem Lachen. Der Leser hat sicher vom silberhellen Lachen der Elfen gehört. Das Lachen einer Nymphe ist irdisch und spontan, und sehr ... anregend.
"Und was wollt Ihr von mir dafür, Sterblicher?", fragte sie.
"Ich bin...", es gibt kein, wie soll ich sagen, entsprechendes Wort für Student in der Sprache der Nymphen, "ich bin ein Mann, der Dinge lernen will. Ich will Dinge über Euch lernen."
Und das tat ich.
Nymphen sind die weisesten, bewundernswertesten Geschöpfe Tamriel's. Meine Nymphe, ihr Name ist Ayalea (eine armselige Verlautlichung eines Wortes, das mehr klingt wie sanfter Wind, der durch einen schmalen Spalt in einen leeren Raum bläst) und sie weiß mehr über das Verhalten und die Vielfalten der Geschöpfe der tiefsten Wälder als der größte Waldelfengelehrte den ich jemals traf. Sie lehrte mich über Blumen und Geister und Lebewesen, die zu schnell und furchtsam sind, um jemals von einem Mann gesehen worden zu sein.
Ayalea zeigte mir das erste Mal, wie man richtig lernt. Wie ich meinen Geist für all die Möglichkeiten des Lebens öffne und wie ich dieses Wissen anwende, und es nicht nur nutzlos in meinem überfüllten Kopf habe wie ein Drache seinen Hort.
Wenn Ihr jemals eine Nymphe trefft, sprecht sie an.