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Die Bankwette |
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Die Bankwette
von Porbert Lyttumly
Es war ein hundsgewöhnlicher Tag im Hauptbüro der Bank von Daggerfall. Es gab gewöhnliche Transaktionen: Geldanlagen wurden angelegt, Abbuchungen wurden abgebucht, Haushypotheken eingetrieben, Kreditbriefe vergoldet. Als ein Kassierer namens Clyton J. Wifflington die kleine, alte Dame sah, welche auf ihn zukam und zwei große Säcke, so groß wie sie selbst, mit sich schleppte, änderte er seine Meinung. Es war schließlich doch kein hundsgewöhnlicher Tag in der Bank von Daggerfall. "Ich würde gerne mit den 30 Millionen Goldstücken in diesen Säcken ein Konto bei Ihnen eröffnen," krächzte die kleine, alte Glucke. "Natürlich, mein Fräulein," sagte Wifflington erwartungsvoll. Er zählte das Gold in den Säcken und stellte fest, dass es genau 30 Millionen waren. "Einen Moment, Jungchen," schnalzte die kleine, alte Dame. "Bevor ich das Konto eröffne, würde ich gerne die Person sehen, der ich all das Gold anvertraue. Ich möchte mit dem Bankpräsidenten sprechen."
Wifflington wollte den Präsidenten wissen lassen, dass er der Kassierer war, welcher für das größte Einzelkonto dieses Jahres verantwortlich war, deshalb informierte er begierig die Sekretärin des Präsidenten. Es stellte sich heraus, dass der Präsident genauso begierig darauf war eine so wohlhabende Frau zu treffen, und so brachte man die alte Dame am selbigen Tag zu seinem Büro. "Es freut mich ausserordentlich Ihre Bekanntschaft zu machen, werte Dame. Ich bin Gerander P. Baggledon," sagte der Präsident, Gerander P. Baggledon. "Ich heiße Petuva Smethworthy," sagte die kleine, alte Dame. Das war tatsächlich ihr wahrer Name. "Danke, dass Ihr mich empfangen habt. Ich möchte mein Geschäft in einer etwas persönlicheren Art und Weise abwickeln." "Selbstverständlich weiß ich das zu schätzen," sagte Baggledon, während er zufrieden lächelte. "Das ist eine beträchtliche Menge an Gold. Wäre es unhöflich von mir danach zu fragen, wie sie dazu kamen?" "Nicht im geringsten," sagte Frau Smethworthy.
"Wie sind sie dazu gekommen?" fragte Baggledon. "Sie können gerne raten," antwortete Frau Smethworthy mit einer Spur wenig anziehendem mädchenhaften Lächelns. Baggledon war ein Mann von enormem Vorstellungsvermögen - für einen Bankier. Er vermutete Erbschaft und langjährige Sparsamkeit, aber Frau Smethworthy schüttelte zierlich ihren Kopf. Vielleicht der Verkauf eines großen, alten Anwesens? Nein. In einem Anflug von Kumpanei fragte Baggledon, ob das Gold das Ergebnis eines Betrugs oder Diebstahls sei. Frau Smethworthy nahm es ihm nicht übel, aber verneinte. Schließlich gab er sich geschlagen. "Ich verdiene mein Gold mit Wetten," sagte sie. "Mit Arenakämpfen?" fragte er interessiert. "Nein, nein, Schätzchen. Nicht so. Zum Beispiel wäre ich bereit 25.000 Goldstücke darauf zu wetten, dass deine Kronjuwelen bis spätenstens morgen, genau um diese Zeit, voller Federn sein werden." Herr Baggledon war etwas verblüfft von den Worten der alten Frau. War sie vielleicht wahnsinnig? Oder eine Hexe? Er schloss das Letztere aus, weil er ein Gespür dafür hatte. Sollte sie wahnsinnig sein, war sie eben eine reiche Wahnsinnige. Und er konnte die 25.000 Goldstücke gut gebrauchen. Deshalb nahm er ihre Wette an.
Die nächsten 24 Stunden passte Herr Baggledon wie ein Besessener auf seine Kronjuwelen auf. Er überprüfte seine Hosen so oft am Nachmittag, dass seine Untergebenen das schlimmste befürchteten und ihm vorschlugen die Arbeit ruhen zu lassen und für den Rest des Tages zu Hause zu bleiben. Er verbrachte die Nacht im Sitzen mit herabgelassenen Hosen, seine wachsamen Bankieraugen auf seinen wertvollsten Besitz gerichtet. Jedesmal wenn er eindöste, bekam er Visionen von Frau Smethworthy, wie sie lachend Federn aus seinen Bällen zupfte.
Herr Baggledon kam am nächsten Tag spät zur Bank - nur Augenblicke vor der Ankunft von Frau Smethworthy. Sie wurde von einem hageren, sommersprossigen Burschen begleitet, den sie als Rechtsanwalt vom Gerichtshof vorstellte. Ihr Sohn, wie sich herausstellte. Herr Smethworthy Junior begleitete sie immer, wenn es um Geldangelegenheiten ging, erklärte sie. "Genug Geplänkel," krähte sie. "Unsere Wette, Schätzchen?" "Meine allerwerteste Dame, ich kann Ihnen versichern, dass Ihr Gold in den Händen der Bank von Daggerfall gut aufgehoben sein wird. Ich hoffe die Erkenntnis, dass Ihr Gold bei uns besser aufgehoben ist, als in Ihren Händen, zerbreitet Ihnen kein Kopfzerbrechen. Meine wervollsten Stücke sind recht, wie soll ich es sagen, federlos.
Und sie schulden mir eine Summe im Wert von 25.000 Goldstücken." Die arme Frau Smethworthy machte kein gutes Gesicht, als sie dies hörte. "Sind sie sicher?" "Absolut, meine Dame." "Nicht eine einzige Feder?" Ihre Stimme drückte Zweifel aus. Herr Baggledon konnte erkennen, dass sie dachte, er könne lügen. "Nicht eine einzige, fürchte ich, meine Dame." "Nicht, dass ich Ihnen nicht glauben würde, Herr Baggledon, aber es ist eine ganze Menge Gold. Dürfte ich - könnten sie - könnte ich mich vielleicht persönlich davon überzeugen?" Da er wusste, dass er bald um 25.000 Goldstücke reicher sein würde, und er noch immer etwas unter Schlafmangel litt, lächelte Herr Baggledon nur leicht und lies seine Hosen fallen. Frau Smethworthy untersuchte genaustens seine Kronjuwelen - von unten herum, von der rechten und der linken Seite. Schließlich hatte sie sich davon überzeugt, dass sich nicht einmal eine Daunenfeder dort finden ließ. Während sie zum letzten Mal unter Ihnen nachsah hörte Herr Baggledon ein klopfendes Geräusch am anderen Ende des Büros. Herr Smethworthy Junior stieß seinen Kopf gegen die Steinwand.
"Was um Himmels willen stimmt nicht mit Ihrem Sohn, Frau Smethworthy?" fragte er. "Nichts, mein Liebster," sagte sie. "Ich habe mit ihm lediglich um 100.000 Goldstücke gewettet, dass ich bis spätestens jetzt den Präsidenten der Bank von Daggerfall bei den Eiern haben würde." |
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