"Und ein Kind wird Schrecken in der Brust hegen, wenn das Herz der Menschen in Schatten gehüllt ist. Ein Wanderer wird durch das uralte Land ziehen und Chaos in seinem Kielwasser hinterlassen. Die drei Brüder werden vereint sein und die Welt der Sterblichen unter ihrer Macht erzittern. Doch es steht geschrieben, dass die Drei, sind sie vereint, erneut versprengt werden sollen – Der Letzte von ihnen wird den heiligen Berg erblicken. In den Warnungen heißt es, dass ihre Niederlage eine Illusion ist – dass das letzte Spiel noch gespielt werden muss …“
Und nun endlich tost der Sturm aus den Südländern, und die Hand der Zerstörung trachtet das Werk der Urahnen zu vernichten. Die Gezeiten der Hölle schwellen an – bereit, an die Gestade der Welt der Sterblichen zu branden – und die Schuldigen und Unschuldigen gleichermaßen zu ertränken.
Auszug aus Die Prophezeiung des letzten Tages
Das letzte Zeugnis von Ord Rekar
Einst glaubte ich.
Andere suchten Kraft bei mir, denn mein Glaube war eine Säule im Haus der Ältesten. Einst glaubte ich an etwas Größeres als mich selbst; ich glaubte, dass die Getreuen belohnt und die Bösen bestraft werden würden. Ich hielt die Prophezeiungen des letzten Tages für bloßen Aberglauben – und dachte, selbst wenn sie ein Körnchen Wahrheit enthielten, wie unsere Vorfahren glaubten, würden die geschilderten Ereignisse niemals zu unseren Lebzeiten eintreten.
Ich war ein Narr.
Die Götter haben mir ihren göttlichen Plan nicht enthüllt, noch haben sie mich mit ihrer Unterstützung gesegnet. Aber eine schreckliche Gewissheit erfüllt mich – endlich hat die Erfüllung der Prophezeiungen begonnen.
Zuerst Tristram …
Diablo, der Herr des Schreckens, warf seinen Schatten über das geruhsame Dörflein und ließ seine dämonischen Untertanen auf das Land los. Eine Zahl tapferer Helden stellte sich Diablos Zorn entgegen; sie jagten ihn bis in die Eingeweide der Erde selbst. Nur durch die Gnade des Lichtes konnten sie Diablos sterblichen Träger vernichten und seine niederträchtigen Pläne vereiteln. Es schien, als sei der Herr des Schreckens besiegt worden, und diese Bestätigung meines Glaubens spendete meinem Herzen Trost … doch ach, der Alptraum nahm erst seinen Anfang. Irgendwie überlebte Diablos schrecklicher Geist und nistete sich in eben dem Helden ein, der ihn besiegt hatte. In der Verkleidung des geheimnisvollen Wanderers machte Diablo sich daran, seine Brüder Baal und Mephisto aus ihrer Gefangenschaft im Osten zu befreien.
Genau wie zuvor, erhob sich eine neue Schar von Helden, um Diablos dunklen Kreuzzug zu beenden. Obschon es dem Herrn des Schreckens gelang, seine Brüder von ihren Fesseln zu befreien, sollte ihr Wiedersehen von kurzer Dauer sein. Es gelang den sterblichen Helden, Mephisto zu besiegen und Diablo selbst in die Niederungen der Hölle zu jagen. Nur Baal, der Herr der Zerstörung, blieb verschollen …
Wieder schien es, als sei der Gerechtigkeit Genüge getan worden. Blind, wie ich war, hielt ich mich auf dem Pfad der Rechtschaffenen – und glaubte vielleicht, dass zuletzt doch noch alles gut geworden wäre … dass der Alptraum einem Traum vom Frieden gewichen wäre. Doch die Pest des Bösen ist beharrlich, und ich … werde müde.
Und jetzt hat der Alptraum wieder begonnen. Baal ist wieder aufgetaucht, und hinter ihm marschiert die gewaltige Armee der Zerstörung. Er hat eine Legion von Dämonen um sich geschart, die Aufruhr und Chaos verursachen – und sie kommen genau auf uns zu … genau auf den heiligen Berg zu, den zu beschützen unsere Vorfahren geschworen haben. Es liegt auf der Hand, dass Baal gekommen ist, um Arreat anzugreifen, dass er es auf das Herz der Welt abgesehen hat. Mein einst felsenfester Glaube ist nun bis ins innerste Mark erschüttert.
Die Prophezeiungen, die von diesem Tage sprachen, haben sich endlich erfüllt. Das Verderben ist über unsere Welt gekommen. Wie ich schon sagte, meine Brüder, ich werde müde. Ich zweifle nicht daran, dass das Böse existiert. Ich habe es mit eigenen Augen gesehen, wurde seiner Grausamkeit teilhaftig. Aber sind die Götter nicht grausam, Hoffnung zu spenden, nur um sie immer und immer wieder zunichte zu machen?
In meiner Jugend versuchte ich alles, um mich auf so ein Ereignis vorzubereiten. Das war zu einer bestimmten Zeit mein ganzer Lebenszweck. Doch nun, da der Augenblick gekommen ist, fühle ich mich alt. Ich habe Angst. Ich spüre, dass meine Kraft dahin ist. Ich muss gestehen, dass mein Glaube mir nicht länger den Weg zeigt. Schweren Herzens nur verlasse ich Euch, meine Brüder. Ich möchte sagen, dass ich für Euch bete, fürchte aber, meine Gebete fallen auf taube Ohren.
Möget Ihr eines Tages die Wahrheit finden, und möge diese Wahrheit Euch Freiheit bringen.
In stummer Traurigkeit, Euer
Ord Rekar
Ältester von Harrogath
