Der Weise
von Aegrothius Goth
Knattern, knistern, zischen... flimmern, strahlend, trüb... Das Feuer im Herzen bietet Licht und Wärme. Es scheint den alten Mann nicht zu beeindrucken. Seine angelehnte Figur starrt in die Flammen und die Flammen spiegeln sich in ihren tiefen schwarzen Augen wieder. Indigo blaufarbene Roben reflektieren und absorbieren das Licht und die goldenen Stränge der flimmernden Flammen. Sein Bart und sein Haar sind lang und schneeweiß; im Licht der Flammen scheinen sie himmlisch zu sein, wie bei einem Heiligen. An seiner Seite befindet sich ein hoher Hut, in der selben Farbe der Robe. Auch er flackert im Licht des Feuers. Das Gesicht, vom Alter gezeichnet, wirkt dennoch jung, Weisheit und Intelligenz strahlt es aus. Dies ist der Weise, der in ganz Tamriel als der Champion der Magie verehrt wird. Seine Gedanken wandern, er erinnert sich... *** Gyron Vardengroet wurde in eine verarmte bretonische Familie geboren, in dem Dorf Mondwacht. Das einzige Kind von Frieda und Horstle Vardengroet wurde in einer seltenen Mondfinsternis in Tamriel geboren. Es war schnell ersichtlich, dass er in den Künsten der Magie hoch begabt war.
Als er ein Jahr alt war, ließ er seinen Hund fliegen. Die meisten Bretonen sind magisch begabt, doch als Gyron wuchs, entdeckte er sein Talent, dass weit größer war, als jenes normaler Bretonen. Der Dorfzauberer warf schon bald einen Blick auf den talentierten Jungen und nahm ihn unter seine Fittiche. Aufgrund der Tatsache, dass Gyron eher als Fiesling bekannt war, schloss ihn der Zauberer, Grungdingler war sein Name, bald ins Herz und arbeitete verbissen mit ihm, um seine verborgenen Talente in den magischen Küsten auszuschöpfen. Eines Tages war es soweit und Grungdingler konnte Gyron nichts mehr beibringen. Der junge Magier hatte seinen Meister übertroffen und überraschte ihn immer wieder mit unlösbaren Fragen über Leben, Tod und Unsterblichkeit. Grungdingler rief ihn zu sich und überreichte ihm einen Brief an Morkledder, dem Gildenmeister der Magiergilde in Shornhelm. Der junge Magier erzählte seinen Eltern von seinem Glück, packte sein weniges Hab und Gut und brach auf nach Shornhelm. Nach einer langen Reise durch das Gebirge der Kurallian Berge, erreichte Gyron endlich die Tore der großen Stadt Shornhelm, hoch in den Bergen von Hochfels. Nach dem Leben in seinem kleinen Dorf, war Shornhelm ein Wunder für Gyron. Er erkundete die Stadt von einem Ende zum anderen und fand schließlich die Magiergilde.
Nachdem er Morkledder Grungdinglers Brief überreicht hatte, wurde er warm empfangen. Morkledder erklärte Gyron, dass er geprüft werden muss, um das Training der Magiergilde zu empfangen. Nach einer Nacht der Rast und Meditation wurde Gyron in die Haupthalle der Magiergilde geführt, die von diesem Tage an Schüler jeder Kunst ausbildete. Es war sehr still. Der junge Magier fühlte, als würde sein Herz in seinen Hals rutschen, als er davon erfuhr, dass der Rat der Drei eintreffen würde – die Anführer der Magie der Stadt. Morkledder erklärte Gyron die verschiedenen Tests, welche er durchlaufen musste, um sich als würdig zu erweisen, ein Magier zu werden. Der Jüngling kehrte um und verließ die Ratskammer, um die Prüfungen zu bestehen, welche ihm auferlegt worden waren. Einige Jahre später kehrte Gyron zurück zur Magiergilde und wurde in der Ratshalle aufgenommen.
Morkledder, mittlerweile ein alter Magier, sah sich seine Tagebucheinträge an, untersuchte die gefundenen Artefakte und begutachtete das Zauberbuch, welches Gyron mit sich trug. Das Gesicht des Alten wurde von Euphorie überschüttet; nie gab es einen vielversprechenderen Novizen, der solche Dinge in der Zeit des Prüfens erreicht hatte. Anschließend rief Morkledder eine Versammlung der Magiergilde ein, um Gyron als vollen Magier einzugliedern. Gyron blieb einige Jahre bei Morkledder und studierte mit ihm zusammen. Nach diesen privaten Lehren teilte Morkledder Gyron mit, dass die Gilde ihm nichts mehr lehren könnte. Der Kristallturm auf Summerset würde ihm mehr Erleuchtung bieten. Ein weiteres Mal packte Gyron seine Sachen und machte sich auf zu einer erneuten langen Reise auf. Er erreichte den Kristallturm einige Jahre später, nachdem er die Provinz Hammerfell hinter sich gelassen hatte. In diesem Zeitraum bestritt er viele Abenteuer und lernte andere Magier kennen, mit denen er sein Wissen und seine Erfahrungen teilte. Er hörte Geschichten von wunderbaren Gewächsen, die es, in Verbindung mit anderen Elementen, vollbrachten, Tote wieder zu beleben, das Leben jener zu verlängern, die noch unter uns weilten und sogar die Unsterblichkeit möglich machten. Gyron war stets schnell darin, andere Magier, die weniger erfahren waren, zu beraten und zu führen.
Er liebte es, anderen behilflich zu sein. Er bekam viele Freunde und Geschichten wurden über diesen begabten Magier bekannt. Als er den Kristallturm betrat, wurde er von vielen Magiern begrüßt, die ihm alle gut zuriefen. Sein Ruf war ihm voraus geeilt. Die Menschenmenge verzog sich allerdings nach der Ankunft einer imposanten Person, gekleidet in einer Indigoblaufarbenen Robe, verziert mit Gold. Er trug einen hohen Hut und hielt den Stab mit den schönsten Gravuren, die Gyron jemals gesehen hat, in seiner Hand. Der Älteste des Zaubererrates, Esthlainder, sah still auf den jungen Zauberer, nickte und kehrte zurück in den Turm. Ohne Verzug folgte er ihm. Die folgende Audienz brachte Gyron aus der Fassung. Esthlainder erzählte ihm, dass Gyrons Ankunft vor vielen Jahren bereits prophezeit wurde, und er ihn erwartet hatte. Die Götter erzählten den Magiern, dass einer der Ihren kommen wird, um sie zu führen, sie zu lehren und ihnen zu helfen. Gyron sollte dieser Champion und Anführer werden. Gyron war verwirrt und unsicher. Wie konnte er so eine wichtige Person sein? Was musste er tun, um die Prophezeiung zu erfüllen?
Viele Fragen flossen aus ihm, die Esthlainder nicht beantworten konnte. Der Alte bot Gyron an, dass er im Kristallturm bleiben und mit ihm studieren konnte. Dies tat er. Der Tag kam, an dem der Alte verriet, dass der Kristallturm Gyron nichts mehr geben konnte und er nach Tamriel aufbrechen sollte, um Weisheit und Wissen zu finden. Esthlainder seufzte und erzählte Gyron, wie traurig er darüber war, dass der Kristallturm ihn verlor, aber die Prophezeiung musste erfüllt werden. Mit diesen Worten überreichte er ihm ein Paket, dessen Umschlag das selbe Indigoblau trug, wie die Robe des Alten. Gyron wurde gesagt, er solle das Paket mit sich tragen, aber erst einen Tag nach seiner Abreise öffnen. Nach einem langen Tagesmarsch, stellte Gyron an einer wunderschönen Lichtung, nahe eines Baches ein Lager auf. Nun, dachte er, könne er das Paket des Alten öffnen. Als er das goldene Band, welches das Paket zuschnürte, öffnete, fand er heraus, dass der Umschlag gar kein Umschlag war, sondern eine exquisite, geschneiderte Robe war, die mit der des Alten identisch war. Als er die Robe anhob, fiel ein großer Hut auf den Boden und mit einem "whoosh" und "pop" erschien der selbe Stab, den der Alte getragen hatte. In einer Notiz verriet ihm der Alte, dass die Robe unzerstörbar ist und der Stab viele magische Eigenschaften besitzt, die Gyron erst herausfinden musste.
Es wird behauptet, dass Gyron von diesem Tage an als der Weise bekannt war. Müde von der Reise und mit einem Glühen der Macht, ließ sich der Weise zum ersten Mal in seiner kommenden Pilgerreise durch die Lande nieder. Nach vielen Monaten des Reisens und der Abenteuer kehrte der Weise zurück nach Mondwacht und wurde freundlich aufgenommen. Die Dörfler hießen ihn Willkommen, doch am meisten freuten sich seine Eltern, Frieda und Horstle. Die Neuigkeiten seines Kommens waren ihm voraus geeilt und die ganze Dorfgemeinschaft hatte ein Häuschen, im Wald nahe der Stadt, für den Weisen gebaut und eingerichtet. Nach einem Festbankett an diesem Abend, zog sich Gyron zu seinem abgelegenen Zuhause zurück. Der Weise verbrachte sein Leben ausserhalb von Mondwacht. Er empfing viele Besucher, die von weit her kamen, um seine Führung zu ersuchen, seine Hilfe benötigten oder einfach nur Training wünschten. Die Jahre vergingen. Es dauerte nicht lange, bis zuerst Horstle und dann Frieda starb. Der Weise war von diesem Verlust erschüttert. In seinem Frust schwor er, den Rest seines Lebens damit zu verbringen, das Böse zu bekämpfen, damit andere nicht so leiden mussten, wie er. Er kehrte zurück zur Großen Bibliothek des Kristallturmes und erforschte die vielen Blüten, Kräuter und Gewächse, die er während seiner Reisen gesehen oder von ihnen gehört hatte. In seinem Häuschen brütete er unermüdet über den Zauberbüchern, Phiolen und Pflanzensammlungen aus aller Welt.
Er testete die Tränke an sich selbst. Die Jahre vergingen, doch der Weise schien nicht zu altern. Nach einiger Zeit fand er die richtige Kombination in seinen Experimenten, doch konnte er nicht erkennen, welche Kombination es war, welche die Änderung eintreten ließ. Er hatte ein Leben ohne Ende geschaffen. Und die Jahre vergingen weiter. Magier kamen, um ihm zu helfen, welche er freundlich empfing. Der Weise gewöhnte sich daran, andere zu beraten und zu führen und die Jahre vergingen weiter. Bedauerlicherweise wurde sein Ruhm so groß, dass sein Ruf nach Hilfe untragbar wurde. Ungern packte er seine Besitztümer zum letzten Mal und reiste weit in die Kurallian Berge und baute eine magische Festung. Nur die würdigsten Magier konnten Zugang bekommen und dem Weisen helfen. Wie auch immer, er folgte seinem Herzen und selbst heute verlässt der Weise noch häufig die Berge um jungen Magiern zu helfen und Erfahrungen zu sammeln. Knattern, knistern... die Flammen flackern.
Der alte Magier rührt sich, als die Erinnerungen verschwinden und flackern.
Tock, tock, tock.
Echos von dem hartnäckigen Klopfer bei dem großen Eichenholztor der Festung... Der Weise erhebt sich und steuert die Tore an, wissend, dass jetzt ein neuer Magier eintrifft, um ihm zu helfen.